Zum 100. Todestag einer weitsichtigen Spiezer Persönlichkeit

Dank ihm wurde einer der schönsten Wege am Thunersee realisiert, der sogar Fussballgeschichte schrieb.
Mit dem Tod von August Mützenberg starb vor einem Jahrhundert der Initiant des Spiezer Strandwegs.

Publiziert: Hans Heimann, im "Berner Oberländer" vom 13. Februar 2021

Eine Anzahl weitsichtiger Männer freundeten sich 1910 mit der Idee August Mützenbergs an und setzten sich für seine Idee eines Strandwegs
von Spiez bis Faulensee ein. Dem Vorhaben eines durchgehenden, zwei Meter breiten Verlaufs entlang des Sees stand aber die Besitzung Salathé im Wege.

August Mützenberg-Haefeli
Die Familie Mützenberg um 1897 im Garten ihres Grundstücks in der Sodmatte, Spiez. Seine Frau Marie, geborene Häfeli,
schenkte ihm fünf Kinder: Alfred, Lisbeth, Hilde und Dora, später noch Ruth. Foto: PD/Familie Mützenberg Archiv

 

Der wohlhabende in Spiez ansässige Dr. Salathé hatte dieses ansehnliche Stück Land einst erworben und ihm den öffentlichen Zugang entzogen.
Dies führte bei den Befürwortern des Projekts zum Bedauern, bei den Gegnern zum Gelächter, und der Arzt war keineswegs für eine Landabtretung
zu haben.

 

Uferzonenenteignung ein Thema

Ebenfalls unnachgiebig zog der Spiezer Gemeinderat seinen Beschluss an das Bundesgericht weiter, doch die Antwort aus Lausanne sei nicht befriedigend
gewesen, erzählt Abraham Mützenberg, Enkel des Strandweg-Initianten, gegenüber dieser Zeitung: «Es hiess, eine Uferzonenenteignung könne man nicht
gerichtlich regeln, und es wurde geraten, zu verhandeln.»

Es sei dann das Verhandlungsgeschick seines Grossvaters gewesen, der mit Dr. Salathé eine Lösung suchte und ihm klar machte, «man sollte dieses
Verbindungsstück haben», für einen durchgehenden, 2,5 Kilometer langen Uferweg. Mützenbergs Diplomatie, er war ausgebildeter Jurist, zahlte sich aus,
und Dr. Salathé willigte in die Durchquerung seiner Parzelle ein.

 

Fussweg ist Teil vom Geist von Spiez

Bei der Einweihung am 14. Juli 1914 wandte sich der Redner zu Beginn mit folgenden Worten an die Anwesenden:
«Der Strandweg Spiez ist nicht mehr leeres Hoffen, dir, schöne Seestadt, sei er zum Gewinn. Der Weg ist frei, in alle Zukunft offen.»

 

«Kein Auto, kein Fuhrwerk,
nicht einmal ein Velo rasselt
vorüber und kein
aufwirbelnder Staub verdirbt
ihm die reine Lust.»

aus dem Bericht im «Oberländischen Volksblatt» zur Eröffnung des Strandwegs

 

Das «Oberländische Volksblatt» beschrieb die neue Attraktion am Thunersee «als einen mit feinem Kies bestreuten Weg,
der vom Schachen in Spiez bis nach Faulensee führt. Immer den See entlang und oft durch kühle Wälder führend, eröffnet er ganz neue,
nie gesehene Ausblicke auf den schönen Thunersee und aufs rechte Ufer. Er bietet, bald liebliche Bilder, bald wilde Romantik,
und sehr oft ist der Wanderer versucht, auf einer den Weg entlang angebrachten Ruhebänken zu rasten, und nichts stört ihn in seiner
beschaulichen Ruhe.
Kein Auto, kein Fuhrwerk, nicht einmal ein Velo rasselt vorüber und kein aufwirbelnder Staub verdirbt ihm die reine Lust.»

Dreissig Jahre nach der Eröffnung war der Strandweg mehr als nur eine gewöhnliche Promenade. Denn hier entstand der «Geist von Spiez»,
welcher die deutsche Fussballnationalmannschaft, deren Mannschaftshotel sich unweit des Strandwegs befand,
im Jahr 1954 zum sensationellen Sieg der Weltmeisterschaft verhalf. Das «Wunder von Bern» ging in die Fussballgeschichte ein.

August Mützenberg

August Mützenberg war ein Mann mit einem klaren Blick, auch was die Belange der Gemeinde Spiez
anging, und gilt als der grosse Förderer des Strandwegs von Spiez nach Faulensee.
Foto: PD/Familie Mützenberg Archiv

 

Der kämpfende Hotelier

Heute vor 100 Jahren, am 13. Februar 1921, drei Tage nach seinem 59. Geburtstag, verstarb August Mützenberg überraschend an einem
Schlaganfall. Im damaligen Nachruf wurden seine Verdienste für die Öffentlichkeit, deren Interesse er mit Umsicht und Erfolg vertrat,
hervorgehoben, insbesondere für die Gemeinde war er ein einsichtsvoller, kluger Ratgeber und ein tatkräftiger Initiant für gemeinnützige Unternehmen.

Weiter wird erwähnt, dass er als Hotelier mit den gewinnenden Umgangsformen das Vertrauen der Gäste genoss. «Wir gehen zu Mützenberg»,
hätten die Gäste, Einheimische und Fremde, zu sagen gepflegt, er sei der Typ des feinen und gebildeten Hoteliers gewesen. Es sei stets ein
Vergnügen gewesen, mit ihm über Vergangenheit und Zukunft seines geliebten Spiez zu plaudern. Er kämpfte um den Strandweg, der nicht nur
Spiez und Faulensee verbindet, sondern immer eng mit dem Namen Mützenberg verknüpft sein wird und bis heute unzählige einheimische und
auswärtige Besucher anzieht.

Print-Ausgabe "Berner Oberländer" vom 13. Februar 2021

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